Zur Ergänzung unserer Mannschaften werden zur Zeit wieder Sportler gesucht.
Nicht nur Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren auch ehemalige jeden Alters können sich melden.
Bei Interresse: Radfahrerclub-Bergen@gmx.de
(aus der Festschrift 2003) In den Jahren um 1900 war eine allgemeine Hinwendung zu
sportlicher Betätigung zu verzeichnen, und viele Vereine zum Ausüben der
verschiedensten Sportarten entstanden zu dieser Zeit. Gleichzeitig wurden die
bis dahin recht teuren Fahrräder durch industrielle Fertigung einem größeren
Bevölkerungskreis zugänglich und die Benutzung sehr populär. Es wurden daher
auch Vereine gegründet, die in der allgemeinen sportlichen Welle den Radsport
in vielfältiger Form ausüben wollten. So schlossen sich 1903 auch in dem
damaligen Marktflecken Bergen einige sportbegeisterte Radfahrer zu einem Club
zusammen. Diese Gründer waren:
Justus Ackermann Ludwig
Kötter
Fritz Diehl Wilhelm
Krebs Wilhelm Goll Karl Laufer Peter Göbel Franz
Link Heinrich Gräf Fritz
Loos
August Günther Heinrich
Müller
Fritz Heckmann Fritz
Röder
Fritz Hering Wilhelm
Vogelsberger
Oswald Jankowsky Georg
Weinrich Heinrich Kappes Wilhelm
Weinrich Ernst Kelber Wilhelm
Weil
Karl Klar
Die
Gründungsversammlung fand im Gasthaus „Zu den drei Hasen“ statt. Dieses Lokal
existiert heute nicht mehr und befand sich in der Marktstraße 31.
Im Frühjahr 1904
trat der Club der Main-Taunus-Radfahrer-Vereinigung bei und errang in den
folgenden Jahren innerhalb dieses Verbandes verschiedene schöne Auszeichnungen.
Anläßlich des
5-jährigen Bestehens wurde im Sommer 1908 das 7. Verbandsfest übernommen und
hierbei das neu angeschaffte Banner eingeweiht.
Im Herbst 1909
meldete sich der Club beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) an, um einen größeren
Wirkungskreis zu erhalten.
In diese Zeit
fällt auch der Entschluß, sich auf dem Gebiet des Kunst- und Reigenfahrens zu
betätigen, während bis dahin lediglich an Straßenrennen und
Korso-Veranstaltungen teilgenommen wurde. Es wurden 8 Saalmaschinen
angeschafft, und auf dem Radfahrerball des Jahres 1911 konnte der erste Reigen
der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Am 12., 13. und
14. Juli 1913 fand das zehnjährige Stiftungsfest des Clubs unter großer Beteiligung
der Bundesvereine der weiteren Umgebung statt. Bei schönem Wetter nahm das Fest
einen guten Verlauf und wurde ein voller Erfolg.
Unstimmigkeiten
innerhalb des Clubs veranlaßten Ende 1913 den Austritt aus dem BDR, jedoch hielten
verschiedene Einzelfahrer ihre Mitgliedschaft aufrecht.
Während des 1.
Weltkrieges ruhte mehr oder weniger die Vereinstätigkeit, und leider kehrten 8
Mitglieder nicht mehr aus dem Krieg zurück.
Nach dem
Friedensschluß wurde auch der Übungsbetrieb wieder aufgenommen, und vor allem
im Rennsport wuchsen einige talentierte Fahrer heran, die bei verschiedenen
Straßenrennen Spitzenpreise erhielten. Leider fanden diese Fahrer nicht die
notwendige Unterstützung im Club und wechselten deshalb bald zu größeren Vereinen
über. Der Rennsport wurde seitdem nicht mehr betrieben und nur noch der Hallenradsport
gepflegt.
Nach 1924
entwickelte sich das Kunst- und Reigenfahren innerhalb kurzer Zeit zu hoher Blüte,
und durch intensives Training konnten schöne Leistungen erreicht werden. So
wurde 1926 die Kunstreigenmannschaft Landesverbandsmeister – der Club war inzwischen
wieder dem BDR beigetreten – und im Jahre 1927 Bezirks- und Gaumeister.
Teils durch
Stiftungen, teils durch Ankauf wurden in den nächsten Jahren 16 neue Saalmaschinen
angeschafft, welche über 30 Jahre benutzt wurden.
Mit Beginn des
Dritten Reiches ging das Vereinsleben sichtlich zurück. Viele Mitglieder waren
mit der offiziellen Auffassung über eine Vereinsführung nicht einverstanden,
hielten sich fern oder traten aus. Der Nachwuchs fehlte fast völlig, da die Jugend
in staatlichen Pflichtorganisationen zusammengefaßt wurde, die einem normalen
Vereinsbetrieb keinen Raum ließen. Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde
die Tätigkeit des Clubs auf ein Minimum beschränkt und ruhte nach dem dritten
Kriegsjahr völlig.
Nach dem
Zusammenbruch 1945 war laut Beschluß der Militärregierung ein Wiederaufnahme
des Sportbetriebs nur möglich, wenn sich alle sporttreibenden Vereine zu einer
sogenannten Sportgemeinde zusammenschlossen. Dies geschah im Spätsommer 1945,
und der Club konnte unter dem Namen „Abteilung Radsport der SG Bergen“ wieder
mit dem Training beginnen. Glücklicherweise hatten die Räder durch den Krieg
keinen Schaden erlitten und waren nach einigen kleineren Ausbesserungen
fahrbereit.
Im Frühjahr 1946
waren dann die Bestimmungen soweit gelockert, daß nach dem Beispiel anderer
Ortsvereine der Club aus der Sportgemeinde austrat und unter seinem alten Namen
wieder ein Eigenleben führte. Der Club trat wieder dem BDR bei, dem er auch
heute noch angehört.
Wie die anderen
sporttreibenden Vereine hatte der Club in dieser Zeit einen starken Zugang an
jugendlichen Aktiven, so daß bald wieder mehrere Reigenmannschaften im Training
waren. Im Jahre 1949 wurde sowohl die männliche als auch die weibliche Jugend
Bezirksmeister im Gruppenfahren, 1950 errang die Herrenmannschaft im
Gruppenfahren die Hessenmeisterschaft. Die vielen Pokale und sonstigen Siegespreise
aus den Jahren um die Jahrhundertmitte beweisen die Stärke der
Club-Mannschaften zu dieser Zeit, die bei vielen Wettbewerben im Korso- und
Reigenfahren den Sieger stellten.
Inzwischen war
durch den laufenden Zugang an Einzelfahrern und Mannschaften der Übungsbetrieb
an dem Trainingsabend in der alten Turnhalle des TV Bergen derart überlaufen,
daß kein geordnetes Training mehr durchzuführen war. Der Club bemühte sich
deshalb um eine eigene Übungsstätte und konnten durch die Unterstützung der
Gemeindekörperschaften auf dem Marktplatz eine Fahrfläche aus Eternitplatten
errichten, welche bis Mitte der 60er Jahre benutzt wurde. Diese Fahrfläche
wurde rechtzeitig zu den Feierlichkeiten anläßlich des 50-jährigen Jubiläums
fertiggestellt, und zwar in Selbsthilfe durch die Clubmitglieder. Das 50.
Stiftungsfest wurde am 5., 11., 12, und 13. Juli 1953 in großem Rahmen begangen.
Der schöne Festkorso sowie die Wettbewerbe im Radball, Kunst- und Reigenfahren
wurden unter großer Beteiligung anderer Vereine abgewickelt.
Mit zunehmender
Motorisierung und der Verbreitung des Fernsehens nahm das Interesse der
Jugendlichen an der Ausübung eines Sportes rapide ab. Aus diesem Grund führte
der Club 1958 als neue Sparte das Radballspielen ein, in der Hoffnung, daß
dieser Kampfsport eine größere Zugkraft ausüben würde als das Reigenfahren. Es
wurden 4 neue Radballmaschinen gekauft, in Selbsthilfe Tore und Umrandung
angefertigt, und durch den Spielbetrieb kam bald wieder mehr Leben in die Übungsstunden.
Eine Schülermannschaft holte sich 1962 und 1963 erstmals die Bezirksmeisterschaft,
weitere Siege bei Meisterschaften und Turnieren folgten. Vier neue Radballräder
wurden 1976 gekauft und weitere in den Folgejahren, da der stärkere Betrieb
naturgemäß auch mehr Materialverschleiß mit sich brachte.
Im Jahre 1959
wurde ein Radball-Turnier um den Heinrich-Michler-Gedächtnis-Pokal eingeführt
und alljährlich unter starker Beteiligung durchgeführt. Erst nach 10 Jahren
konnte der Pokal endgültig von einem Wiesbadener Verein gewonnen werden.
Im Juni 1963
wurde das 60-jährige Jubiläum gefeiert, und zwar in einem großen Festzelt mit
Vergnügungspark auf dem Marktplatz in Bergen. Ein Preiskorso, ein internationales
Radballturnier sowie der Start der Deutschen Meister im 1er und 2er Kunstfahren
brachten viele Zuschauer auf die Beine. Der Club hatte damals 120 Mitglieder.
Das Training
wurde 1966 in die Schulturnhalle der Hangschule verlegt, die bessere und mehr
Trainingsmöglichkeiten bot als die alte TV-Turnhalle. Der Kauf moderner Räder
sowie ein wieder erstarktes Interesse am Sporttreiben brachte in den Folgejahren
einen großen Aufschwung in den Leistungen und eine Fülle von Titeln bei Bezirks-
und Hessenmeisterschaften im 4er und 6er Kunstfahren. Als herausragender Erfolg
ist die Teilnahme einer 4er Mannschaft Frauen bei den Südwestdeutschen und
Deutschen Meisterschaften der Jahre 1973, 1974 und 1975 sowie bei einem
Vergleichskampf Hessen/Nordrhein-Westfalen zu nennen.
Seit 1968
besteht eine Frauen-Gymnastikgruppe, welche nicht mehr aktiv fahrende Mitglieder
sowie interessierte Dritte erfaßt und einmal wöchentlich für deren Bewegung
sorgt. Derzeit kommen regelmäßig über 30 Teinehmerinnen.
Ein weiterer
Schritt zum Breitensport war die Einführung eines Volksradfahrens, das seit
1973 abgehalten wurde und je nach Wetterlage einige Hundert Normal-Radfahrer
zum Mitmachen animierte. Nach einigen Jahren ließ das Interesse stark nach, und
diese Aktivität wurde wieder eingestellt.
Von der
Bevölkerung gern gesehen werden auch die unzähligen Beteiligungen des Clubs an
Festzügen, wie etwa zur Stadterhebung 1968 oder den Berger Marktzug und vielen
Jubiläumsfestzügen anderer Ortsvereine.
In
gesellschaftlicher Hinsicht ist in erster Linie der alljährlich im November
stattfindende Radfahrer-Ball zu nennen, der bis 1993 über 85 Jahre abgehalten
wurde und nur in den Kriegs- und Nachkriegsjahren beider Weltkriege ausfiel.
Die Veranstaltung wurde ab 1994 eingestellt, da Nachfrage und organisatorischer
und geldlicher Aufwand nicht mehr übereinstimmten, soll aber in diesem
Jubiläumsjahr wieder aufleben. Des weiteren werden in jedem Jahr zur
Karnevalszeit ein Kappenabend und im Dezember eine Weihnachtsfeier abgehalten.
Beide Veranstaltungen sind durchweg gut besucht.
In sportlicher
Hinsicht führt der Club seit 1983 einen Wettbewerb um den Schelmenburg-Pokal im
4er und 6er Kunstfahren für Schüler, Jugendliche und Aktive durch, der bundesoffen
ausgeschrieben wird und in den letzten Jahren über 60 startende Mannschaften
anzog. Als Preise stehen alljährlich schöne Pokale – mehrheitlich von
Clubmitgliedern gestiftet – zur Verfügung.
Die eigenen
sportlichen Aktivitäten brachten in den 80er und 90er Jahren eine Glanzzeit. Im
Radball spielten jahrelang etliche Mannschaften in der Landesliga mit
ansehnlichen Ergebnissen. Eine Schülermannschaft spielte mehrfach bei den Ausscheidungskämpfen
um die Deutsche Meisterschaft mit, ebenso eine Juniorenmannschaft. Auch im
Kunstfahren waren 4er und 6er Mannschaften bei Meisterschaften erfolgreich auf
Titeljagd und konnten etliche Bezirks- und Hessenmeistertitel erringen, Darüber
hinaus fuhren sie bei sonstigen nationalen und internationalen Starts (z.B.
Helvetica-Cup) mehrfach auf vordere Plätze und machten den Namen unseres Clubs
bundesweit bekannt. Der Verein wurde als hessisches Leistungszentrum anerkannt
und erhielt vom Verband fachliche Trainings-Unterstützung.
Das sportliche
Geschehen im Verein erlitt im Sommer 2001 einen schweren Rückschlag, da unsere
Trainingshalle in der Hangschule wegen Baufälligkeit praktisch von einem auf
den anderen Tag geschlossen wurde. Wir mußten die Räder, Übungsgeräte,
Materiallager etc. kurzfristig ausräumen und teilweise bei Mitgliedern und in
einem Container unterbringen. Ein gleichwertiger Ersatz für die notwendige
Trainingsfläche und –zeit ist nicht verfügbar, und so wird seitdem notdürftig
und mit viel Aufwand der Kunstfahrer-Nachwuchs im Foyer der Stadthalle Bergen
trainiert, und die Radballer erhielten einen zeitlich ungünstigen Ersatztermin
in der Turnhalle der Riedschule. Dies alles wirkt sich verständlicherweise
negativ auf den Leistungsstand der Mannschaften aus. Eine Wiedereröffnung der
Turnhalle nach erfolgtem Umbau ist frühestens im Laufe des Jahres 2004 zu
erwarten.
Während derzeit
der Spielbetrieb im Radball stagniert und wenig Nachwuchs vorhanden ist, sind
beim Kunstfahren wieder viele Kinder und Jugendliche im Training, und der
Übungsleiter hat mit den vorgeschilderten Umständen und viel Andrang zu
kämpfen. Es bleibt zu hoffen, daß bei normalem Trainingsbetrieb der Verein auch
im neuen Jahrhundert seiner Existenz sportlich gesund bleibt und wieder an die
Leistungen der Vergangenheit anknüpfen kann.
Dieser kurze
Überblick über die Vereinsgeschichte und die Aktivitäten des gegenwärtig etwa
160 Mitglieder zählenden Clubs zeigt, daß bisher mit Erfolg versucht worden
ist, Traditionen mit den Erfordernissen einer neuen Zeit zu vereinen. Solange
auch künftig noch Menschen an radsportlicher Betätigung dieser Art ihre Freude
haben und sich in der Gemeinschaft Gleichgesinnter wohl fühlen, ist es um das
Fortbestehen des Jubilars nicht schlecht bestellt.